
Vor über einem Jahr habe ich angefangen, Tennis zu spielen. Ich hatte das eigentlich schon seit Jahren vor, aber mir wurde das immer irgendwie von anderen Menschen ausgeredet. Es sei viel zu schwierig, als Erwachsene noch mit diesem Sport zu beginnen, quasi unmöglich, Fortschritte zu machen, sagte mir eine Arbeitskollegin etwa. Und dann noch die Kosten! Ich dürfe die Kosten nicht vergessen, ermahnte mich ein anderer Freund.
Dann stand ich vor einem Jahr auf einem Platz mit meinem Freund und ich tat das, was ich schon vor Jahren hätte tun sollen: Ich probierte es einfach mal aus. Ich hatte sofort so viel Spass, dass ich mich für einen Tenniskurs anmeldete. Ich freute mich nicht nur über die Fortschritte, die ich Woche für Woche machte – und die eben durchaus sichtbar waren – sondern auch über die Tatsache, dass ich gerade dabei war, ein neues Hobby zu finden. Was toll ist, weil mir als erwachsene Frau vor ein, zwei Jahren bewusst wurde, dass ich eigentlich kaum Hobbies habe. Ja, ich koche leidenschaftlich gerne. Ja, ich lese und yappe gerne über Serien und ich liebe Apéros. Aber Apéro als Hobby zu etablieren, scheint mir irgendwie nicht die gesündeste Lebenseinstellung zu sein. Aber sonst? Sonst ist da sehr viel, was mit meiner Arbeit zu tun hat. Was toll ist, weil ich meinen Job liebe, aber mir ist auch bewusst, dass ein Ausgleich eigentlich wichtig wäre.
Übung macht die Meisterin.
Also habe ich im letzten Jahr versucht, mehr Hobbies in mein Leben zu integrieren. Ich spielte nicht nur Tennis, ich habe auch angefangen, einen Skizzenblock mit mir herumzutragen und in den Ferien zu skizzieren und zu malen. Ich bin kein Ausnahmetalent, aber ich habe unglaublich viel Freude daran. Ich geniesse ausserdem regelmässig Bastelabende mit Freundinnen. Wir sitzen zusammen, basteln Weihnachtsdeko oder bemalen Keramik und quatschen. Und für das nächste Jahr habe ich bereits ein neues Hobby gefunden, dem ich mich widmen möchte: Ich möchte mich besser mit Champagner auskennen. Das lässt sich erstens gut mit meinem Apéro-Hobby kombinieren und zweitens befriedigt es meine grosse innere Neugier. Ich liebe es, Neues zu lernen.
💖 Das habe ich diese Woche geliebt
Die genannte Weihnachtsbastelei war ein voller Erfolg, wir haben unter anderem Sterne aus Kaffeefiltern gebastelt (danke TikTok!) und die hängen jetzt in meinem Eingang und sehen wunderschön aus.
Passend zur Weihnachtsstimmung habe ich eine kleine Christmas Party geschmissen und meine Gäste haben sich alle schön angezogen und es gab Champagner und viel Glitzer – fabelhaft!
Ich habe einen neuen Teilzeitjob und werde für die International News Media Association (INMA) die Young Audiences Initiative leiten, in der es darum geht, Newsrooms rund um den Globus darin zu beraten, wie sie jüngere Zielgruppen besser erreichen. Es wird also ein aufregender Start ins neue Jahr!
Ich wünschte, ich hätte einen Kamin zu Hause. Weil dem aber nicht so ist, sorgt jetzt Netflix auf meinem Beamer ab und zu für Kaminzimmer-Stimmung. Das Knistern des Holzes liebe ich besonders.
Apropos Netflix: «Champagne Problems» ist genau so vorhersehbar, wie man es von einer weihnachtlichen Liebeskomödie erwartet, angereichert mit ein paar extra klischeehaften Szenen. Und deshalb: Beste Unterhaltung für einen lazy Sunday.
It’s beginning to look a lot like Christmas…
😤 Das habe ich gehasst:
Reality Check: Ich stresse mich vor Einladungen – wie meine Christmas Party – viel zu sehr. Ich möchte alles richtig machen, ich möchte, dass alle eine gute Zeit haben und setze mich dabei viel zu sehr unter Druck. Mehr dazu weiter unten…
Ich weiss nicht, ob es bereits der Vorweihnachtsstress ist, aber gleich mehrmals diese Woche hatte ich es mit extrem unanständigen Personen zu tun. Leute, die einen anblaffen, die aggressiv Türen in Läden zuknallen oder sonst irgendwie die Contenance gegenüber anderen Menschen verlieren. Meist gegenüber Menschen, die im Dienstleistungssektor arbeiten. Ich kann Unhöflichkeit wirklich nicht ausstehen.
Silvesterpläne. Ich habe keine Ahnung, was ich an Silvester tun werde. Je älter ich werde, desto eher kann ich mir eingestehen, dass ich Silvester kiceinfach nicht sehr mag. Ich bevorzuge es, den 1. Januar zu feiern.
Ich merke bei meinen neuen Hobbies jedoch auch: Es läuft ein Muster mit, das ich eigentlich ablegen wollte. Neulich sagte mir mein Tennislehrer zum wiederholten Mal: «Du bist viel besser im lockeren Ballaustausch als beim gezielten Training einzelner Schläge. Weisst du, warum?» Ich schüttelte den Kopf. «Weil du zu viel nachdenkst. Wenn wir die Backhand oder die Fussstellung trainieren, bist du komplett in deinem Kopf. Aber beim freien Spiel – da lässt du einfach los.»
Das Gleiche sagte mir mein Voice-Coach beim Stimmtraining vor ein paar Wochen. Auch dort geht es darum, ab und zu einfach den Kopf zu leeren. Sich beispielsweise auf die Emotion eines Satzes einzulassen und sich nicht auf die Interpunktion zu konzentrieren. Denn wenn man spricht, kann man mit der Interpunktion eigentlich spielen. Ein Komma kann eine Einladung dazu sein, mit der Stimme runterzugehen, oder eben nicht, weil der Satz es verlangt, Tempo zu erzeugen. Mein Coach sagte mir: «Du musst deine innere Frau Kontrolletti abschalten.»
Frau Kontrolletti. Was für ein schöner Name für diese Stimme in meinem Kopf, die ständig alles richtig machen will. Die beim Tennisspielen an die Fussstellung denkt statt an den Ball. Die sich schon Tag vor einer Party strestt, ob das Essen auch wirklich allen schmecken wird. Die Hobbies nicht einfach geniessen kann, sondern sich fragt, ob sie gut genug darin wird.
Und genau hier liegt das Paradox: Ich habe mir Hobbies gesucht, um einen Ausgleich zu schaffen. Um etwas zu tun, das nichts mit Leistung zu tun hat. Aber dann schleicht sich Frau Kontrolletti trotzdem ein und will auch hier alles perfekt machen.
Die Frage bleibt also: Wie schalte ich sie ab?
🔒 Hinter der Paywall: Der Dialog mit meiner inneren Kritikerin – und warum ich ihr jetzt «Danke, aber nein danke» sage. Ausserdem: Meine Champagne-Bucket-List für 2026.
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